11. September
Kaum ein Datum hat sich so in das kollektive Gedächtnis
der Weltöffentlichkeit gebrannt wie der 11. September
2001. Fast jeder weiß noch genau, wo er an diesem Tag
war und wann er das erste Mal von den Anschlägen in den
USA gehört hat.
Eines lässt sich sicher sagen: Die Welt hat
seit dem 11. September ihr Gesicht verändert. Fast
prophetisch hieß es in vielen Kommentaren nach den Anschlägen:
"Es wird nichts mehr so sein wie es einmal war". Die
deutlichste Auswirkung: Seit dem 11. September 2001 führen
die USA einen unerbittlichen Krieg gegen den internationalen
Terrorismus. Die ersten Opfer der amerikanischen Gegenschlagspolitik
waren das Taliban-Regime in Afghanistan und der
irakische Diktator Saddam Hussein.
Die Ereignisse des 11. Septembers im Schnelldurchlauf:
Um 8.46 Uhr (Ortszeit) rast eine Boeing 767 der Fluglinie
American Airlines in den Nordturm des World Trade Centers
in New York. Um 9.04 Uhr bohrt sich eine Boeing 767 der Fluglinie
United Airlines in den Südturm des Gebäudes.
Gegen 9.43 Uhr stürzt sich eine Boeing 757 der Fluglinie
American Airlines auf das Pentagon. Um 10.10 Uhr stürzt
eine Boeing 767 der Fluglinie United Airlines in der Nähe
von Shanksville ab. (1) Wie sich später herausstellte,
hatten 19 Attentäter die vier Machinen in ihre Gewalt gebracht.
Doch das Drama ging weiter: Um 10.05 Uhr bricht der Südturm
des World Trade Centers zusammen, um 10.28 Uhr dann auch
der Nordturm. Insgesamt sterben bei den Anschlägen 3.021
Menschen. (2)
Bereits wenige Stunden nach dem Terrorakt sprach
US-Präsident George W. Bush in einer ersten Stellungnahme
von einer "nationalen Tragödie". Er betonte, es
handele sich offenkundig um einen terroristischen Anschlag und
kündigte Vergeltung an. (3) Den Brandstifter hatten die
amerikanischen Behörden ebenfalls ausgemacht: Osama bin
Laden. Zur Begründung des Verdachts heißt es am
12. September in der "Netzeitung": "Ermittler
fingen nach Angaben von CNN zwei Telefongespräche
der Osama bin Laden nahestehenden Gruppe al Qaeda ab. In den
Gesprächen wurden Terroranschläge auf US-Ziele diskutiert".
(4) Zweifel an Verwicklung Osama bin Ladens in das Terrorkomplott
bleiben dennoch: Zumal der
islamische Fundamentalistenführer in einem Brief an die
pakistanische Zeitung "Ausaf" wenige Stunden
nach dem Terrorschlag jegliche Verantwortung für die Anschläge
zurückgewiesen hat. (5)
Als selbst in den USA im Vorlauf des Afghanistan-Krieges
die Rufe nach Beweisen immer lauter wurde, sollte der britische
Premierminister Tony Blair - im Auftrag der amerikanischen
Regierung - die Weltöffentlichkeit auf Kurs bringen. Bereits
am 30. September 2001 verkündete er, dass er "absolut
schlagkräftige und unwiderlegbare Beweise" gesehen
habe, die die Beteiligung bin Ladens an den Anschlägen
verdeutlichen. (6) Wenige Tage später - am 4. Oktober -
wiederholte Blair seine Erklärung in einer Sondersitzung
vor dem britischen Unterhaus. In seiner Rede sprach er von "unbestreitbaren
Beweisen", nach denen nur Osama bin Laden und dessen Terrororganisation
al Qaida für die Anschläge verantwortlich sein
könne.
Das Geheimdienstdossier, welches Blair gleichzeitig
mit seiner Rede präsentierte, ist aber nicht mehr als eine
Anhäufung von Indizien und Mutmaßungen. "Einen
eindeutigen Beweis, daß al-Qaida tatsächlich hinter
den Anschlägen in den USA steckt, bleibt das zwanzigseitige
Dossier schuldig", schreiben die Autoren Oliver Schröm
und Dirk Laabs in ihrem Buch "Tödliche Fehler".
(7) Die zentralen Thesen des Dossiers: Kurz vor dem 11.September
habe bin Laden Komplizen mitgeteilt, dass eine größere
Operation in Amerika in Vorbereitung sei. Von den 19 Flugzeugentführern
hätten mindestens drei enge Verbindungen zu al Qaida. (8)
Perfiderweise musste Blair in seiner Rede selbst
darauf hinweisen, dass das Dossier nicht von der Absicht
getragen sei, eine eindeutige Beweislast aufzubauen, wie sie
für einen Gerichtsfall notwendig wäre. Das geht
auch nicht, denn Geheimdienstquellen dürfen vor Gericht
meist nicht als Beweismittel eingesetzt werden.
Auch das in einem Haus in Dschalalabad in
Afghanistan gefundene Videoband hinterlässt Zweifel an der
Schuld bin Ladens. Vor allem weil die Äußerungen des
ehemaligen CIA-Zöglins, die laut Präsident Bush "ein
vernichtendes Schuldeingeständnis" seien sollen, nach
einem Bericht des ARD-Magazins "Monitor"
falsch übersetzt sind.
So stellten sowohl der Hamburger Orientalist Professor
Gernot Rotter als auch zwei unabhängige, vereidigte
Übersetzer gravierende Mängel in der Übersetzung
fest. In der vom Pentagon herausgegebenen englischen Übersetzung
seien an gravierenden Stellen Aussagen hineinformuliert worden.
(9)
So ganz trauen die amerikanischen Behörden
den Beweisen gegen Osama bin Laden offensichtlich auch nicht.
Auf dem offiziellen Steckbrief des FBI werden dem
Staatsfeind Nummer eins die Anschläge nicht zur Last gelegt:
"Usama Bin Laden is wanted in connection with the August
7, 1998, bombings of the United States Embassies in Dar es Salaam,
Tanzania, and Nairobi, Kenya. These attacks killed over 200 people.
In addition, Bin Laden is a suspect in other terrorist attacks
throughout the world." (10)
Und das obwohl Chalid Scheich Mohammed, der
mutmaßliche Organisator der Anschläge, nach eigenen
Aussagen im Jahre 1996 erstmals mit bin Laden über die Terroranschläge
gegen die USA gesprochen haben will. Dies soll Mohammed nach
einem Bericht der Nachrichtenagentur AP gegenüber
US-Ermittlern ausgesagt haben. Mohammed wurde am 1. März
2003 in Rawalpindi gefasst und wird seitdem von der CIA
an einem geheimen Ort vernommen.
Mohammed erzählte den US-Ermittlern sogar noch
mehr: Ursprünglich sei beabsichtigt gewesen, an der Ost-
und der Westküste der USA jeweils fünf Passagierflugzeuge
zu entführen. Zudem war nicht - wie allgemein angenommen
- Mohammed Atta der Kopf der Gruppe. Die führenden
Köpfe hinter den Anschlägen seinen Chalid al-Midhar
und Nauaf al-Hamsi gewesen. (11)
Quellen:
(1) "Netzeitung": 11. September: Chronologie der Ereignisse,
11. September 2001, ergänzt 20. September 2001
(2) "Die Welt": Terrorwarnungen überschatten Zeremonien
zum 11. September, 11. September 2003
(3) "Netzeitung": Der 11. September 2001, 11. September 2001,
ergänzt 12. September 2001
(4) "Netzeitung": Erste Spuren zu den Attentätern, 12.
September 2001
(5) "Netzeitung": "Bin Laden bestreitet Verwicklung
in Terror-Anschläge", 12. September 2001
(6) "Phoenix Online": Chronologie der Ereignisse zwischen 11. September
und 07. Oktober 2001, 10. September 2002
(7) Oliver Schröm, Dirk Laabs: Tödliche Fehler - Das
Versagen von Politik und Geheimdiensten im Unfeld des 11. September,
Berlin, 2003
(8) "Telepolis": Blair legt Beweise vor, 4. Oktober 2001
(9) "Spiegel Online": "Bin Ladens Geständnis-Video soll fehlerhaft
übersetzt sein", 20. Dezember 2001
(10) "FBI": Most Wanted Terrorist, 13. September 2003
(11) "Spiegel Online": "Terrororganisator plante Anschlag mit zehn Jets",
21. September 2003
weitere Verschwörungstheorien |